(Montel) Mit den Energie-Discountern kehren nach dem Krisenjahr 2022 Marktteilnehmer zurück, die „kein Mensch“ braucht, sagte Leonhard Birnbaum, Chef des größten deutschen Endkundenversorgers Eon, am Mittwoch. Er warf den Unternehmen eine Destabilisierung des Marktes vor.
„Es gab nämlich eine Reihe von Marktteilnehmern, die haben sich dann elegant aus dem Markt verabschiedet, als es gegen sie lief. Und die kommen jetzt wieder und behaupten, sie würden den Kunden nützen“, fügte er hinzu.
Das täten die Energie-Discounter aber nicht, sondern sie „destabilisieren die Märkte nur auf dem Weg nach oben und nach unten“, so Birnbaum.
Europaweites Problem
„Wir haben das in ganz Europa, nicht nur in Deutschland, gesehen, dass es Marktteilnehmer gegeben hat, die in Phasen billiger Energie spekuliert haben, damit selber gute Gewinne gemacht haben und dann zulasten der Kunden abgesprungen sind und das hat die Gemeinschaft der Kunden bezahlt.“
Solche Marktteilnehmer, die die Gewinne privatisierten und die Kosten sozialisierten, brauche kein Mensch, sagte der Eon-Chef und forderte deswegen eine Nachbesserung in der Regulierung.
„Wir brauchen nur Marktteilnehmer im Markt, die auch einen Beitrag zum Markt leisten und nicht einfach nur einen Windfall-Profit mitnehmen“, sagte Birnbaum.
Wer im Markt teilnehme, müsse gewissen Mindestanforderungen genügen und es dürften keine Sonderregeln für kleine Anbieter geben.
Ordentliche Bilanz
Wer in den Markt komme, müsse eine ordentliche Bilanz mitbringen „und auch selber Geld auf den Tisch legen, […] anstatt zu Lasten seiner Kunden zu spekulieren“, so der Eon-Chef.
Eon verbuchte im Jahr 2022 in Deutschland einen Stromabsatz von 133,1 TWh, ein Rückgang von 54,9 TWh oder gut 29% im Vergleich zum Vorjahr, während der deutsche Gasabsatz um 10,1 TWh oder gut um 5% auf 179,2 TWh fiel.
Als Gründe für die Absatzrückgänge, die teilweise auch in anderen Märkten zu sehen waren, führte Eon Portfoliobereinigungen, die milde Witterung sowie krisenbedingte niedrigere Verbräuche an.
Unter dem Strich blickte Eon in Deutschland auf eine konstante Kundenzahl von 14,4 Mio., während sie für den Gesamtkonzern von 38,8 Mio. auf 35,9 Mio. Kunden sank.
Noch vor dem Sommer dürften die Preise für manche Kundengruppen steigen, während andere mit Neuverträgen aus dem Jahr 2022 auf Absenkungen hoffen dürften, so Birnbaum.
„Wir müssen auf Dauer die Großhandelspreise an unsere Kundinnen und Kunden durchreichen und das ist nicht einfach. Wir haben in 2022 nur rund 30% der zum Teil extremen Preissteigerungen an den Wholesale-Märkten weitergegeben und konnten unsere Kunden temporär schützen. Das können wir aber nicht ewig durchhalten“, sagte Birnbaum.
Steigende Preise
Preissteigerungen am Endkundenmarkt werde es dabei trotz der zuletzt gesunkenen Großhandelspreise nicht nur bei Eon, sondern „quer über die gesamte deutsche Branche“ geben.
Zudem dauere die Krise trotz der Börsenpreisrückgänge weiter an, sagte Birnbaum: „Am kurzen Ende müssen wir uns, glaube ich, darauf einrichten, dass die Krise wirklich nicht vorbei ist. […] Die Volatilität droht noch, auch wenn sie im Moment in den Forwards nicht zu sehen ist.“
In einem möglichen Szenario, in dem Russland seine restlichen Gaslieferungen nach Europa einstelle, Chinas LNG-Nachfrage steige und der nächste Winter eben nicht mild werde, „dann schauen wir gleich sofort wieder auf ganz andere Niveaus“, so Birnbaum.
Auch langfristig würden die Energiepreise nicht mehr auf das Niveau aus Vor-Corona-Zeiten sinken, da sich das höhere Preisniveau des LNG-Marktes durchsetzen werde.
Die Großhandelspreise stiegen 2022 auf Rekordhöhen, nachdem Russland einen Angriffskrieg auf die benachbarte Ukraine angefangen hatte und in der Folge die Gaslieferungen in die EU drastisch gekürzt hat. Als Reaktion darauf wendeten sich mehrere Staaten, darunter Deutschland, Importen von verflüssigtem Erdgas (LNG) vom Weltmarkt zu.
Diese Lage trug bei Eon wegen höherer Beschaffungskosten maßgeblich zu einem Anstieg des Materialaufwands um gut 39% auf 108,6 Mrd. EUR bei, das Ebit stieg aber dennoch um 10% zum Vorjahr auf 5,2 Mrd. EUR.