(Montel) Hohe Volatilitäten im Markt und gestiegene Preisniveaus haben den Direktvermarktern von deutschem Erneuerbaren-Strom im vergangenen Jahr ihr Geschäft erschwert, zeigt die Montel-Direktvermarktungsumfrage. Doch für 2023 kündigen manche Unternehmen trotzdem Wachstum an.
Parallel dazu seien die Preise für Ausgleichsenergie fundamental gestiegen, was zu Verwerfungen am Intraday-Markt geführt habe. „In Summe all dieser Entwicklungen sind die Handelskosten im Rahmen der Direktvermarktung abhängig vom Strompreisniveau deutlich gestiegen“, so Krings.
Unter den Teilnehmern der Umfrage belegt Quadra Energy, ein Tochterunternehmen des Windturbinenherstellers Enercon, mit einem Direktvermarktungsportfolio im Umfang von 8.650 MW Platz drei der größten deutschen Vermarkter von mit einer Marktprämie geförderten Anlagen.
Wechsel an der Spitze
Über das mit 10.710 MW größte Portfolio in der Marktprämien-Direktvermarktung verfügt mit Stand Januar Jahr ENBW. Die Karlsruher verzeichneten zum Jahreswechsel einen Portfoliozuwachs von 3.000 MW und lösten damit Statkraft als Marktführer ab. Das Portfolio der Norweger schrumpfte um 1.875 MW auf 9.200 MW.
Der deutliche Portfolio-Anstieg habe aus einer sehr hohen Nachfrage aufgrund von Kündigungen von Direktvermarktungsverträgen anderer Anbieter resultiert, gab Robert Schmidt, Originator Erneuerbare Energien bei ENBW, in der Umfrage an.
Die zum Jahreswechsel verzeichneten Portfolioverluste stünden in Verbindung mit den gestiegenen Vermarktungskosten, teilte dagegen Statkraft mit. Diese seien im Wesentlichen durch zwei Kostenkomponenten bedingt: die Balancing- bzw. Ausgleichsenergiekosten und die Marktwertdifferenz. So hätten die gestiegenen Strompreise am Spotmarkt bereits seit Oktober 2021 zu höheren Kosten bei den Direktvermarktern geführt.
Das Unternehmen habe aus diesem Grund die Risikoaufschläge von einer statischen auf eine dynamische Prämie umgestellt. „Die Umstellung auf eine dynamische Risikoprämie ermöglicht es, den gestiegenen Anforderungen an das Risikomanagement Rechnung zu tragen“, sagte Judith Tranninger, Sprecherin der Deutschland-Tochter des norwegischen Energieversorgers.
Kündigungen branchenweit
Ähnliche Änderungen nahmen auch andere Vermarkter vor. Dass viele Anbieter im Markt versucht hätten, Verträge zu kündigen und gegebenenfalls neu zu verhandeln, sei branchenweit zu beobachten gewesen, sagte Amani Joas, eines der Gründungsmitglieder des im vergangenen Jahr gegründeten Handelshauses CF Flex Power, im Interview mit Montel.
„Direktvermarkter, die aus alten Verträgen im letzten Jahr rausgekommen sind, müssten sich eigentlich glücklich schätzen, da sich die damit verbundenen Kosten vervielfacht haben“, gab er zu Bedenken.
CF Flex Power verfüge aktuell über ein Direktvermarktungsportfolio von 110 MW, gaben die Hamburger in der Montel-Umfrage an. Bereits in diesem Jahr strebten sie aber erhebliches Wachstum an.
„Wir sind noch ein bisschen kleiner als wir es anfangs gedacht hatten“, sagte Joas. „Bis zum Ende des Jahres wären wir gerne im Bereich von etwa 600 MW als Direktvermarktungsportfolio.“
Zwar unterliege das Direktvermarktungsgeschäft aufgrund der geänderten Marktsituation mittlerweile größeren Risken, gleichzeitig biete dies den Anbietern im Markt auch neue Chance, je nachdem welchen Ansatz sie verfolgten.
„Es ist ein Unterschied, ob es darum geht, einfach bestimmte Positionen zu schließen, oftmals auch mithilfe eines voreingestellten Algorithmus‘, oder ob ein Anbieter ein aktives, strategisches Trading betreibt“, so Joas.
„Trading-Desks mit einem eher aktiven Ansatz, haben eher Freude an Volatilitäten und hatten wahrscheinlich ein besseres Jahr.“
Wachstum
Mit dem geplanten Zuwachs an Erneuerbaren-Kapazitäten allgemein wird der zu verteilende Kuchen für die Direktvermarkter in diesen und den kommenden Jahren immerhin größer. Bis 2030 soll etwa die deutsche Photovoltaikkapazität auf 215 GW steigen, während es zuletzt 65,5 GW waren. Von diesen sind – Stand Februar – rund ein Drittel in der Direktvermarktung über die Marktprämie.
„Aufgrund der steigenden Zuwachszahlen an EE-Anlagen rechnen wir mit einem wachsenden Portfolio“, sagte etwa Nicole Teschauer von Baywa Re. Auch Trianel habe sich 2022 „konservativ ausgerichtet“, sagte Unternehmenssprecherin Nadja Thomas, aber: „2023 gehen wieder von einem Wachstum aus.“
Die maßgeblichen vom russischen Angriffskrieg auf die Ukraine ausgelösten Turbulenzen auf den europäischen Energiemärkten sollten 2023 zumindest etwas abebben, erwartete dabei Danske Commodities. „Wir erwarten, dass die Marktvolatilität leicht abnimmt verglichen mit dem vergangenen Jahr, aber die Preisniveaus werden relativ hoch bleiben.“
Direktvermarktungs-Portfolios zum 1. Januar 2023 (Angaben in MW) |
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Unternehmen | DV-Portfolio 1.1.2023 | Veränderung zum Vorjahr | PPA-Portfolio |
Statkraft | 9200 | -1875 | 800 |
Quadra-Energy | 8650 | 450 | 1300 |
Vattenfall | 4050 | -1965 | ja |
Next Kraftwerke | 8017 | 678 | ja |
BKW/Wind Energy Trading | 3490 | -2726 | 50 |
Eon | 3500 | -1790 | ja |
MVV | 4400 | 600 | >1000 |
ENBW | 10710 | 3000 | >500 |
Clean Energy Sourcing/Bay.Wa | 6180 | 1060 | 620 |
Engie | 3700 | 250 | 1800 |
Centrica (formerly Neas) | 2500 | -300 | ja |
Trianel | 2400 | -400 | 300 |
Ane Energy | 2040 | -43 | 200-500 |
Nordgröön | 1301 | -139 | ja |
Stadtwerke München | 3075 | 17 | 200-500 |
Uniper | 800 | -200 | ja |
Danske Commodities | 4800 | 1219 | ja |
rsted | 1344 | 0 | ja |
Mark-E/Enervie | 600 | -100 | 90 |
Syneco/thuega | 460 | 66 | 0 |
CF Flex Power | 110 | 110 | nein |
RWE | 1721 | 509 | ja |